Die Geschichte meiner Heimatgemeinde Schöneberg bei Altenkirchen

Auszüge aus „Die Geschichte meiner Heimatgemeinde Schöneberg bei Altenkirchen – Westerwald“ von Lutz Sartor (hier mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlicht)

I. Die Geschichte Schönebergs bis zur ersten urkundlichen Erwähnung 1240

Schönebergs Geschichte reicht weiter zurück, als es die erste, erhaltene Urkunde vom 26.April 1240 vermuten läßt. Immerhin wird in diesem Schriftstück schon von einer Pfarrkirche Schöneberg (,,ecclesiam de Shoninberch“) gesprochen.

Man ist heute der Ansicht, daß die Gründung Schönebergs etwa 300 Jahre vorher stattgefunden hat.

Schöneberg lag an der Grenze des Engersgaues, dessen Grafen im 10. Jahrhundert Verwandte der Konradiner waren. Die Anrodung Schönebergs wird dem Schwabenherzog Herrmann (gest. 10. 12. 949) zugeschrieben, in dessen Grundherrschaft Höhn sich ein Pfarrsitz Schönberg (ohne e) befindet. Dem würde ein Pfarrsitz Schöneberg entsprechen. Die Enkelin des Herzogs Herrmann, Mathilde, von 974-1011 Abtissin zu Essen, besaß die Zehnten zu Mangeroth und Niederähren und damit die Grundherrschaft Schöneberg, da sowohl Mangeroth als auch Niederähren zum Kirchspiel Schöneberg gehörten. Abtissin Mathilde schenkte die Grundherrschaft (die wohl mit dem Kirchspiel gleichzusetzen ist) dem Stift St. Florin in Koblenz, in dessen Besitz wir Schöneberg 1240 vorfinden.

Die weltliche Macht über die kirchlichen Güter besaßen die Vögte. Die ersten bezeugten Vögte des Stiftes St. Florin waren die Grafen Tiemo, welche die Vogtei durch weibliche Nachkommen an den Grafen Gieso (1100) weitergaben. Dieser vererbte sie an die Landgrafen von Thüringen, von denen Mechthild von Landsberg die Vogtei über die Güter von St. Florin als Erbe erhält. Ihr Mann, Heinrich III. (der Große oder der Starke, 1206-1246) von Sayn, ist 1230 zum ersten Mal als Vogt von St. Florin bezeugt.

Die Landesherren waren die Nachkommen der Gaugrafen. In diesem Fall waren es die Grafen von Wied, welche die Landesherrschaft von den Grafen von Bilstein erhielten.

Über die Kirche zu Schöneberg ist kaum etwas bekannt. Sie brannte 1854 bis auf die Grundmauern ab und wurde 1856 niedergelegt. Ein Augenzeuge schrieb über die Ruine folgendes:

Als die Kapelle (. . .) im Mai 1854 abbrannte und im Innern der Kalkbewurf abfiel, kamen in der Umrahmung der Chornische seltsame Wandmalereien zum Vorschein (. . .). Ich erinnere mich deutlich: rechts war das Bild des Petrus mit dem altromanischen Heiligenschein und der Umschrift St. Petrus, links eine ähnliche Figur mit der Umschrift St. Jakobus (?); den Triumphbogen schmückte eine fast (?) nackte, liegende, überlebensgroße, bärtige Mannesgestalt mit einem Dreizack im Arm. Sämtliche Zeichnungen waren einfarbig, der naive Maler gebot nur über ein bräunliches Rot. Die Stilisierung der Köpfe und besonders auch der Heiligenscheine trug die Kennzeichen der allerfrühesten Formen-sprache romanischer Technik. (. . .) Der Eindruck steht lebendig und sicher in meiner Erinnerung, insbesondere erschien mir der rotbärtige Riese mit seinem Dreizack in der Kirche höchst merkwürdig.“

Leider ist über die Kirche so gut wie nichts an Bildmaterial oder Beschreibungen vorhanden. Den einzigen Anhaltspunkt bietet ein Situationsplan des Kirchhofes aus dem Jahre 1861, worin die abgebrannte Kirche mit den genauen Maßen eingezeichnet ist.

Demnach besaß sie ursprünglich ein Hauptschiff mit zwei Seitenschiffen welche jedoch später niedergelegt wurden. Der Abstand von der alten Futtermauer betrug 1,9 Meter, der Abstand von der anderen Seite des Kirchhofes 9,1 Meter. Die Seitenschiffe hatten die Maße 9,65 x 3,6 Meter, das Hauptschiff war knapp 5,5 Meter breit und 16,7 Meter lang.

II. Die Geschichte Schönebergs von 1240 bis zur Heirat Gerhard III. von Sayn 1489

Heinrich III. von Sayn starb kinderlos 1246 und hinterließ seiner zweiten Frau Mechthild (Mathilde) die Grafschaft. Diese schenkte am 1. Juli 1249 dem von ihr gegründeten Zisterzienserinnenkloster Herchen den großen und kleinen Zehnten zu Schöneberg – sanctimonialum in Herchingen ordinis Cisterciensis (. . .) decinam nostram in Schonenburg cum minuta (. . .) contulimus (…),, . Ihre sonstigen grundherlichen Rechte überließ die Gräfin 1250 dem Kölner Erzbischof Sifrid. welcher am 16. Mai 1289 den Grafen zu Berg die Grundherrschaft Schöneberg zu Lehen gab.

Der Herr über die geschwächte Grafschaft Sayn, Johann, mußte am 22. März 1311 den Leuten von Schöneberg die gleichen Rechte zusichern, die sie früher unter saynischer Herrschaft hatten. Den Kirchzehnten verpfändete St. Florin 1358 für sieben Jahre gegen eine jährliche Lieferung von 60 Maltern Hafer an Wilhelm zu Wied.

,Am 29. Juni 1359 wird der Ort Schöneberg zum ersten Mal urkundlich erwähnt. In einer Urkunde des wiedischen Archivs heißt es, daß sechs Herrscher des Westerwaldes den Vertretern der Stadt Andernach versprechen, daß ,,ihnen ihre Schlösser offenstehen sollen und sie keinen Feind der Stadt in ihrem Land dulden wollen innerhalb der Grenzen Hachlnberg, Almersbach, Schoenenberg (…),,

Vor 1411 war es den Grafen zu Sayn gelungen, die Grundherrschaft Schöneberg pfandweise an sich zu bringen; sie verpfändeten sie jedoch von 1411 bis 1459 an die Herren von Seelbach weiter. Die Grafen zu Sayn besaßen zu dieser Zeit wohl einen Hof zu Schöneberg, da Dietrich von Sayn am 15.1.1444 mit Reinhard, Herr zu Westerburg und Schaumburg, hörige Frauen zu Schöneberg tauschte.

Inzwischen bahnte sich ein Wechsel in der Landesherrschaft an. Am 24.7.1459 verpfändete Graf Wilhelm III. zu Wied dem Grafen Gerhard II. zu Sayn die Kirchspiele Höchstenbach, Almersbach und Schöneberg für 600 Trierische Gulden. Der Erbe der Grafschaft Wied, Friedrich von Runkel, befehdete daher ab 1459 die Grafen zu Sayn. Die Streitigkeitenwurden beigelegt, da Graf Friedrich zu Wied-Runkel 1483 die Kirchspiele wieder einlöste.

Dessen Söhne Wilhelm und Johann gaben Sie dann ihrer Schwester Johanetta, welche den Junggrafen Gerhard (III.) zu Sayn heiratete, als Mitgift. Nach der Eheverabredung vom 14.Apr.1488 wurde der Ehevertrag am 5. Juli 1489 geschlossen.

III. Die Geschichte Schönebergs von 1489 bis zum Übergang an Nassau 1799

Es gibt eine Urkunde aus dem Jahre 1490, die bisher kaum beachtet wurde. Sie hat folgenden Wortlaut:In Gottes Namen, Amenl Kund sey allen und jeglichen, die das gegenwärtige Instrument sollen sehen oder lesen hören, daß In dem Jahre unseres Herrn tausendvierhundert und neunzig nach kölnischem Stil in der achten lndiction (Zeitraum von 15 Jahren) aut Freitag Nachmittag des fünfzehnten Tages des Monats Oktober im Frieden des Herrn unseres aller Heiligsten in Gott Vaters und Herrn, Herrn lnnozenz von göttlicher Fürsicht Papst des achten (also lnnozenz VIII) in seynem siebten Jahre. Im gegenwärtigen uns offenbarten Notars und der Zeugen und dem Geschehenen haben die Erben Jacobs von dem Fronehofe, Schultheiß Johann Dunner, der alte Kirst gen in dem Homiltzhofe und Jacob in dem Graben, Schöffen des Hofgerichts zu Schonenburgh, erkannt, so wie der veste Joncker Diedrich Wolff von Molendorf und Mettel, seine eheliche Hausfrau zu einem rechten, wisentlichen Erbkauf verkauft haben und mit HaIm und Mann aufgetragendem Edelen wohlgeborenen Herrn, Herrn Junggraf zu Sayn und seinen Erben ein Drittel des Hofes zu Schonenburgh so wie der gelegen ist mit all seynem Zubehör, genannt der Heckenhof für eine Summe Geldes, mein gnädiger Herr und Joncker Diedrich, vorstehend, zu gekommen sind. Und die anderen zwei Teile des vorgenannten Hofes mit seynem Zubehör versetzt hat dem vorgenannten, meinem gnädigen Herrn für hundert oberländische Gulden. Also das als nun fortan derletztgenannte, mein gnädiger Herr und seyner Erben erbliche und wirkliche mit dem vorstehenden Haus mit all seynem Zubehör tun lassen innen und außen möge und damit alle seynen Willen schaffen als mit anderem und eigenem Gut ohne lemandes Widerspruch und der vorgenannte Joncker Diedrich und Mettel, seyne eheliche Hausfrau vorgenannten Haus lutterlichen (lauter, frei) mit Haim und Mann des vorstehenden Drittels des Hofes zu Schonenburgh und der zwei anderen Teile Pfandschaft so war Gerhard sich daran Hand in Hand und Gewalt des vorgenannten, meines gnädigen Herrn und seyner Erben. Deshalben erkannt sey auch das der ehrbare Wilhelm von Goldershofen auch daselbst jegweden auf Befehl und Momperschaft (als Vormund) wegen meines gnädigen Herrn auf nächsten Donnerstag nach Sankt Michaels Tag der nächstvergan gene, der gelegen ist auf dem letzten Tag des Monats September im selben, vorgenannten Jahre, als man den Hof gerecht besessen hat und ein Schultheiß und Schöffen oben geschriebenes Hofgerichts zu Schonenburgh beantragt hat, den vorstehenden meinen gnädigen Herrn in selbi gen vorstehenden Hof mit all seynem Zubehör zu richten und einzusetzen. Solche Einsetzun gen und Richtonghe Jacob in dem Fronehofe als ein Hofschultheiß erkannt hat als gewöhnlich ist und den vorstehenden Wilhelm van Golderhoven von vorgeschriebenen Momperschaft des vorgenannten meines gnädigen Herrn in selbi gen vorstehenden Hof mit seynem Zubehör gesetzt und gerufen haben an dem Hofgericht zu Schonenburgh. In entgegenwärtigkeit der Erben vorstehende Leute Johannes Dunner, Kirst gen in dem Homeltzhof, Jacob in dem Graben Schöffe des vorgenannten Hofgerichts und daß sie auch ihr Recht davon empfangen haben ohne welcher alle und jeglicher Sach und Punkte der vorgenannte Wilhelm von Goldershoven und Heinricht von der Hube genannt Pampus Schultheiß zu Altenkirchen, der gegenwärtig dieser vorstehenden Gericht und Erkenntnis dieser Urkunde genau und aller vorstehenden Instrumengefunden und begehrt haben von mir, offenbaren Notar hier unten geschehen dem vorgenannten, meines gnädigen Herrn ein offenes offenbares Instrument zu machen. als mancher, der Not ist. In der besten Form man die machen mag und verwahrt des seines zu gedachten eines je glichen inständige das ist geschehen für Schonenburg Trierer Bistum auf dem Kirchischen an dem Stege. In den Jahren anderes Tages Monats war und Bistums vorstehend. Daran und Euer sind gewesen die Erbenleute: Eckard Wald forster, Heyne von Honrode, Lentzis, Richterzu Bimbach, Godert von Ingelbach, Johann Wineken auf dem Bammberg. Henne Weber von Weynrode, Johann Clockner und Heintze Pleck,Johann aus Olsen und Demoidt Johann zu diesem vorstehenden als gezeugte gefunden eingerufen und gebeten ward.Und wenn ich, Johannes Voiß von Linz, Pastor zu Schonenburgh Trierer Bistum von Gewalt des Heiligen Römischen Reiches eines offenbaren Notars mit den vorstehenden Zeugen bei allen und jeglichen vorstehenden so wie da oben geschrieben steht gegenwärtig war und Hand und Sache alle vorstehenden Sachen also geschehen als vorstehend steht. Darum so habe ich dies offenbarlich Instrument daraus gemacht. In dieser Offenbarungsform gestellt mit meiner eigenen Hand geschrieben und mit meinem gewöhnlichen Zeichen gezeichnet. Ebenda und ernstlich erforscht zum Zeugnis aller und jeglicher vorgeschriebenen Sachen. 

Diese Urkunde hat für die Geschichte Schönebergs aus fünf Gründen eine große Bedeutung:

1. Der Hommershof (Homiltzhove), auf den heute noch der Straßenname ,,Im Hommershof“ hinweist, wird dort zum ersten Mal erwähnt.

2. Junggraf Gerhard von Sayn gelingt es, in dem neuerworbenen Gebiet Grundbesitz und damit Rechte zu erwerben.

3. Es wird das Hofgericht der Grafen von Berg erwähnt, welches der Grund für die Errichtung des Gerichtes Schöneberg war.

4. Der erwähnte Schultheiß Dunner ist der erste bekannte Schultheiß dieses Gerichts Schöneberg.

5. Der Notar, der diese Urkunde anfertigte, ist der bislang einzige bekannte Pfarrer Schönebergs aus vorreformatorischer Zeit.

Graf Gerhard III. von Sayn starb bereits 1493, und seine Witwe Johanetta (gest. 1529) behielt als Wittum 1507 sowohl die drei Kirchspiele, die zu ihrer Mitgift gehörten, als auch Haus und Hof Schöneberg mit dem Donnerhof. 1561 wurde in der gesamten Grafschaft Sayn die Reformation eingeführt und die lutherische Lehre als die einzig richtige angesehen. Doch schon 1605 wurde diese durch die reformierte Lehre ersetzt und der lutherische Pfarrer Schönebergs, Petrus Mercator, des Landes verwiesen, weil er an der lutherischen Lehre festhielt. Am 16.2. 1607 konnten die Grafen zu Sayn endlich von den Grafen zu Berg den Hof zu Schöneberg erwerben.

Nachdem die Grafschaft Sayn immer bedeutungsloser wurde, brachte der Dreißigjährige Krieg Schrecken und Verwüstung auch über den Westerwald. 1633 forderte die Pest in Schöneberg wohl zahlreiche Opfer (der Pfarrer Jakob Künemund starb daran), und in Altenkirchen verschieden 1636 zwei Söhne des Grafen Christian von Sayn-Wittgenstein an dieser Seuche. Die Witwe des Grafen Ernst, Louise Juliane (1603-1670), wurde mit ihren beiden erbberechtigten Töchtern mit Waffengewalt aus Hachenburg und Freusburg vertrieben und fand trotz eines Schutzbriefes des Kaisers nur Zuflucht in ihrem Wittum Friedewald. Graf Christian von Sayn-Wittgenstein ließ seine Söldner auch in das zu Gräfin Louise Julianes Wittum gehörende Schöneberg einmarschieren und ,,den Bewohnern von der Kanzel herab verkünden, daß sie alle Abgaben und Dienste nur ihm zu leisten und nur seinen Befehlen zu gehorchen hätten.“ Erst nach dem Westfälischen Frieden wurden die Rechte der beiden Töchter auf die Grafschaft Sayn anerkannt und Graf Christian wenigstens zur Räumung des Wittums gezwungen. Die beiden Töchter, inzwischen verheiratet, Johanetta in zweiter Ehe mit Herzog Johann von Sachsen, Ernestine mit Graf Salentin Ernst von Manderscheid, teilten in den Jahren 1652-1671 die Grafschaft. Gräfin Louise Juliane weilte öfter in Schöneberg und betrieb die Gründung lutherischer Gemeinden. Die lutherische Gemeinde in Schöneberg wurde 1665 wiedergegründet, so daß es zeitweilig (1717-1810) zwei Pfarrer in Schöneberg gab. In diese Zeit fällt auch der ,,Schöneberger Heukrieg“.

Längst hatte der Friede von Münster und Osnabrück das dreißig Jahre dauernde Ringen beendet. Das zerstampfte und verwüstete deutsche Vaterland beginnt wieder zu grünen, neues Leben erwächst, wo überall – und wo wäre das nicht gewesen? – die Soldateska mit Raub und Mord den Tod gebracht hatte. Nur in der Grafschaft Sayn will der Friede nicht einkehren. Am 12. August 1642 hat Graf Christian von Sayn~Wittgenstein, der mit seinen Brüdern von der Erbfolge ausgeschlossen, im Einverständnis mit beiden Brüdern und mit Unterstützung von Kurpfalz einen großen Teil der Grafschaft besetzt und zwar:

Stadt, Schloß und Amt Altenkirchen, die Vogtei Roßbach, den Bann Maxseyn, den Grund Seel- und Burbach und die Kirchspiele Mehren, Höchstenbach, Almersbach und Schöneberg.

Nun hatte zwar der Kaiser im Jahre 1643 der rechtmäßigen Herrin in der Grafschaft Sayn, der Gräfin Louisa Juliana, die gesamte Grafschaft zugesprochen, doch inzwischen schrieb man das Jahr 1661, und Graf Christian saß mit seinem sauberen Bruder Ludwig Albrecht noch immer im Schlosse zu Altenkirchen und drangsalierten Städter und Bauern. Das Kirchspiel Schöneberg gehörte aber zum Wittum der Gräfin und sie war keineswegs gewillt, noch lange dem Treiben der Stiefschwäger zuzusehen. So kam der Sommer heran. Die Gräfin hatte die Bauern im Wiedtal aufgeboten, das Heu für die Herrschaft in den Wiedwiesen unterhalb Schöneberg zu machen und einzufahren. Im vorhergehenden Jahre hatte nun Graf Christian mit dem Altenkirchener Ausschuß (Ausschuß = die zum Waffendienst aufgebotenen Männer) das fertige Heu mit Waffengewalt an sich genommen und nach Altenkirchen einfahren lassen. Da nun mit einem solchen Gewaltakt des Grafen gerechnet werden mußte, sandte die Gräfin den Hachenburger Ausschuß in Stärke von über 100 Mann nach Schöneberg.

Ob sich die Anwesenheit der Hachenburger Streitmacht nicht bis Altenkirchen herumgesprochen hatte, weiß der Chronist nicht zu melden. Jedenfalls erschien nach Beginn der Heuernte Graf Ludwig Albrecht an der Spitze des Altenkirchener Ausschusses in den Wiesen bei Schöneberg. Doch als er der Hachenburger Streiter unter ihrem Landhauptmann Bach gewahr wird, verläßt ihn sein kriegerischer Geist und er wechselt -das gleiche wird uns von den Indianern, aber auch von den alten Germanen zur Einleitung ihrer Kampfhandlungen erzählt – mit dem Hachenburger nur Schimpfworte. Dann aber setzte er sich wieder mit seinem Ausschuß in Marsch, Richtung Altenkirchen.

Doch, noch war der Krieg nicht beendet. Wenige Tage später, die Hachenburger kommandierte an diesem Tage der Landwachtmeister Fuchs, kamen die Grafen beide an der Spitze eines verstärkten Aufgebotes von Altenkirchen. Doch Fuchs hatte eine List gebraucht und rechtzeitig die Hälfte seiner Soldaten in einen Hinterhalt gelegt. Der Befehl für diese lautete: „Achtet genau auf mich. Schieße ich, so schießt ihr auch, fechte ich mit dem Degen, so ihr auch.“ Schon freute sich Graf Christian über die kleine Schar der Hachenburger und wollte angreifen, als ihn Fuchs anrief: ,,Gnädige Herren, nicht einen Schritt weiter, oder ich gebe Feuer. Ich bin zwar kein Graf, doch stehe ich hier in gräflichen Schuhen.“ Die Altenkirchener halten ein, das gibt Fuchs seine Kaltblütigkeit zurück. „Ich sehe bei Euch den Teufeisbanner von Salchendorf, der soll uns wohl die Flinten zutun. Der kann uns nichts.“ Graf Christian, ob solcher mutigen Worte verzagt, wendet sich zum Rückzuge. Da ruft Fuchs: ,,Daß ihr seht, daß der Salchendorf uns nichts kann, Gebt Feuerl“ Etliche seiner Leute schossen ihre Flinten los und gaben damit das Zeichen für die im Hinterhalt liegenden Männer. Graf Christian und sein gräflicher Bruder verzogen so schnell sie konnten mit ihrem Ausschuß gegen Altenkirchen. Gräfin Louisa Juliana in Hachenburg hatte den Krieg um das Heu in den Schöneberger Wiedwiesen siegreich gewonnen. Ein Jahr später aber, in der Nacht vom 19. auf den 20. März des Jahres 1662, verließ Graf Christian heimlich und in aller Stille durch das Gänsepförtchen die Residenzstadt Altenkirchen, um nie wieder darin einzukehren. Gräfin Louisa Juliana nahm wieder Besitz von der ganzen Grafschaft Sayn, die sie dann als Sayn-Altenkirchen und Sayn-Hachenburg unter ihre Töchter aufteilte.

Die Schöneberger aber konnten sich rühmen, unter militärischem Schutze ihrer Gräfin das Heu geerntet zu haben.

(Aus: ,Heimatkalender 1958′, Autor: Erwin Katzwinkel)

Nach dem Tod der Gräfin Louise Juliane wurde auch ihr Wittum aufgeteilt. Die Schöneberg betreffende Stelle lautet Im Vertrag von 1671 sinngemäß so..,, Manderscheid (:) Kirchspiel Höchstenbach, Hof Waldenroth, Kirchspiel Schöneberg und Grund Seelbach cum omni jure (mit allen Rechten)“ Die Grafschaft Sayn war nun in die beiden Reichsgrafschaften Sayn-Altenkirchen (Sachsen-Eisenach) und Sayn-Hachenburg (Manderscheid) geteilt.

Nachdem die Grafschaft Sayn-Hachenburg 1715 durch Heirat an die Burggrafen von Kirchberg übergegangen war, starben diese 1799 im Mannesstamme aus. Die Grafschaft fiel an Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg, der mit einer Prinzessin von Kirchberg verheiratet war.

Die Schöneberger Schule, welche wohl vor 1618 entstanden ist, wird zum ersten Mal 1644 mit dem Schulmeister Joh. Dietrich Schuldt erwähnt. Zeitweise gab es zwei Schulen, eine reformierte und eine lutherische, bis 1760 die lutherische wegen zu hoher Kosten einging. Um 1763 wurde die ganzjährige Schule in mehrere Winterschulen umgewandelt.

Im Siebenjährigen Krieg hatte Schöneberg nicht nur Abgaben, sondern auch Einquartierungen zu ertragen. Pfarrer Wilhelm Heinrich Seel (1756-1762) notierte folgendes: ,,Um Weihnachten 1758 erschien eine französische Kommission, die FourageMenschen, Vieh, Gefährte aufschrieb. Auf Grund dieser Feststellungen mußte Fourage an den Rhein geliefert werden. Am 9. April 59 hatte Schöneberg die erste Einquartierung, ein Bataillion vom Regiment Bet Since. Es lagen 30 – 37 Mann in einem Hause. Sie bezahlten alles und hielten gute Zucht (. . .). in diesem Jahr erfolgten noch zwei Durchmärsche (…). Im Mai, Juni, Juli 60 kamen die Franzosen wieder. Diesmal war sogar gegen alle Sitte im Pfarrhaus Einquartierung.“

IV. Die Geschichte Schönebergs von 1799 bis zur Gegenwart (1979)

Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg trat 1806 wie Friedrich August von Nassau-Usingen dem Rheinbund bei, und sie vereinigten ihre beiden Länder. 1813 traten die beiden Herrscher angesichts des Zerfalls des napoleonischen Imperiums aus dem Rheinbund aus und schlossen sich dem Bund für die Unabhängigkeit Deutschlands an. Am 31. März 1815 trat Nassau unter anderem das ,,Amt Altenkirchen sammt Schöneberg“ an Preußen ab, welches 1816 die Verwaltung neu gliederte. Aus den Kirchspielen Flammersfeld und Schöneberg und aus den Herrschaften Horhausen und Burglahr entstand die Bürgermeisterei Flammersfeld, die ein Teil des Kreises Altenkirchen wurde. Dieser war und ist Teil des Regierungsbezirks Koblenz.

Am 31.10.1817 traten die beiden Kirchengemeinden Schönebergs der unierten Kirche des Rheinlandes bei.

In der Amtszeit von Pfarrer Müller (1834-1856) wurde die alte Wasserleitung des Schlosses, die durch das Dorf lief, instandgesetzt und so die Wasserversorgung erheblich verbessert.

Der 23. Mai 1854 wurde der Schicksalstag Schönebergs. Fast alle Männer waren an diesem sonnigen und warmen Dienstag auf dem Steimeler Markt, dem größten Markt im weiten Umkreis, und von Schöneberg aus ist er in gut zwei Stunden zu Fuß zu erreichen. Plötzlich brach in der Mitte Schönebergs Feuer aus, und bei starkem Südwestwind standen binnen einer Viertelstunde alle Gebäude in Windrichtung in Flammen. Mit Mühe konnte von den Zurückgebliebenen, meist Frauen und Kinder, das Vieh und etwas Hausrat gerettet werden, alles andere jedoch verbrannte. Da auch die Kapelle Feuer gefangen hatte, hielt das Brandgeläut nicht lange an, die drei Glocken stürzten zu Boden und schmolzen. Die Nachricht von dem Brand verbreitete sich trotzdem in Windeseile. Als in Steimel die Nachricht eintraf, eilten die Männer sofort nach Hause, doch sie kamen zu spät; über die Hälfte des Dorfes war in Schutt und Asche gesunken. Ein Augenzeuge, mein Urururgroßvater Friedrich Jakob Schindler, schreibt in seinen Familiennachrichten, daß ,,19 Häuser, worunter auch das Pfarrhaus und die Kirche“ den Flammen zum Opfer fielen.

Am 25. Mai 1864 konnte der Grundstein für eine neue, erheblich größere Kirche gelegt werden, und am 20. 10. 1865 wurde diese eingeweiht. Die schon während des Baues von Pfarrer Franz (1857-1870) geäußerten Beschwerden über die Bauausführung wurden zu Unrecht als Querelen abgetan, da sich schon kurze Zeit später so schwere Schäden am Turm zeigten, daß er 1874 abgetragen werden mußte. Der Bau des neuen Turmes dauerte von 1906-1908 und kostete soviel wie der Bau der neuen Kirche, was wohl mit dem schwierigen Untergrund zusammenhing.

Bis 1873 befand sich die Schule im Küstergebäude, welches jedoch zu klein war, so daß die Schulgemeinde (Schöneberg und Neiterschen) einen Schulsaal anbaute, dessen Einweihung am 2.11. 1873 stattfand. 1895 wurde das Küstergebäude von der Schulgemeinde als Lehrerdienstwohnung gekauft.

1893 wurde das Kirchspiel Schöneberg um die Gemeinden Niederölfen, Fladersbach, Neitersen und Obernau (rechts der Wied] erweitert. Dadurch änderte sich die seit fast einem Jahrtausend bestehende Nordgrenze des Kirchspiels (Wied).

In den Jahren 1883/84 wurde die Eisenbahnlinie Siershahn-Altenkirchen gebaut. Den geplanten Bau eines Bahnhofs in Schöneberg wußten die Bauern (besonders mein Uururgroßvater Gustav Schindler) zu vereiteln, so daß der Bahnhof nach Neitersen kam.

Im Frühjahr 1909 überschwemmte ein besonders großes Hochwasser das Wiedtal. Daran erinnert eine eiserne Hochwassermarke an der Brücke über die Wied bei Schöneberg.

In den dreißiger Jahren war Schöneberg eine beliebte Sommerfrische mit etwa 50 Gästen im Jahr. Heute versucht man wohl wieder, an die alten Erfolge anzuknüpfen.

Vom Zweiten Weltkrieg blieb Schöneberg fast vollständig verschont. Zwei Granaten schlugen jedoch in Häuser ein und forderten ein Menschenleben. Am 21. März 1945 zogen amerikanische Soldaten kampflos in den Ort ein.

Direkt nach dem Krieg riß man den alten Schulsaal ab und baute dort einen neuen, etwas größeren.

1971 wechselte Schöneberg im Zuge einer Verwaltungsreform vom Amt Flammersfeld zum Amt Altenkirchen über.

Am 1.8.1973 wurde die einklassige Volksschule Schöneberg (in der nur noch Schöneberger Kinder unterrichtet wurden) aufgelöst.

V. Das Schöneberger Schloß

Es ist kaum bekannt, daß sich in Schöneberg ein kleines Schloß (daher oft Haus“ genannt) befand. Sogar in der einschlägigen Literatur findet man nur selten einen Hinweis. Lediglich in dem Roman von Ramseger-Mühle: “ Die Gräfin von Sayn“ spielt es als Schauplatz eine kleine Rolle.

Wo befand sich das Schloß? Es steht einwandfrei fest, daß es auf dem Plateau errichtet wurde, auf dem heute die Kirche steht. Für diesen Standort sprechen, außer der sehr schönen Lage, fünf Gründe:

1. Der untere Teil der Hauptstraße, welcher früher direkt zum Plateau hinführte, wird in den Akten der Bürgermeisterei Flammersfeld 1870 mehrmals ,,Schloßweg“ genannt. Dieser Name hat sich bis heute im Volksmund erhalten.

2. Der Hof des Hauses, welches sich im Westen direkt unterhalb der Erhöhung befindet, wurde früher „der Schlosshoff“ genannt.

3. Drei der Fundstücke, auf die ich später noch zu sprechen komme, wurden in unmittelbarer Nähe des Plateaus entdeckt.

4. In einem leider verschollenen Kirchenbuch befand sich die Notiz, daß man beim Bau der neuen Kirche 1864 auf die Gewölbe des Schlosses gestoßen sei. In einem anderen Kirchenbuch steht, daß das Schloß ,,da stand, wo jetzt die Kirche steht“. Das wäre ein Grund für die Baufälligkeit des Turmes. M. Dahlhoff betont in seinem Buch, daß das Fundament des (ersten) Turmes in einer Tiefe von 23 Fuß (7,22 Meter) gesucht werden mußte“.

5. Das Schloß war wohl baulich mit der Kapelle verbunden.

Wann und von wem wurde das Haus Schöneberg errichtet? Die Aussage von Martin Sinemus, daß sich in Schöneberg ,,ein Jagdschloß, welches von den Grafen von lsenburg-Wied errichtet wurde“ befand, ist falsch.

1. Es gibt weder im Fürstlich Wiedischen Archiv noch im Bestand 35 (lsenburg-Wied) des Landeshauptarchives Koblenz Hinweise darauf.

2. Das Haus wird nicht im Heiratsvertrag von 1489 erwähnt.

3. Der Bau des Schlosses wird von J. Reck in seiner ausführlichen Darstellung nicht erwähnt.

Da das Haus zum ersten Mal 1507 erwähnt wird, als die Witwe Gerhard III. von Sayn unter anderem das Haus Schöneberg mit dem Hof Schöneberg und dem Donnerhof als Witwensitz erhält, wird das Schloß wohl von den Grafen zu Sayn errichtet worden sein. Das genaue Datum läßt sich leider nicht feststellen. Auch über die Verwendung des Hauses gibt es widersprüchliche Aussagen. Während Rehorn und Sinemus dieses Haus als Jagdschloß bezeichnen, sagt Dr. Gensicke aus, daß das Haus wohl ,,zur Sicherung des neuen Landesteiles errichtet wurde“.

Zwei Gründe sprechen dafür:

1. Es wird in dem eben erwähnten Schriftstück von 1507 ausdrücklich betont, daß ,,Hausrat mit Geschütz, Harnisch und anderem in jedem Haus“ bleiben soll.

2. Schöneberg war immer Grenzland und Grenzstreitigkeiten mit den Grafen zu Wied und später mit den Herren von Sayn-Altenkirchen waren keine Seltenheit.

Dem Schloß war wohl ein Hof angeschlossen, da in Kostenvoranschlägen für Reparaturen von Hühnerhaus und Pferdestall die Rede ist.

Die letzte urkundliche Erwähnung findet man im Saynischen Erbteilungsvertrag von 1671, wo es sinngemäß heißt: ,,Gleichheit der Residenzen sc. ist in Consideration gekommen, also daß Sachsen das Schloß Fridewald und Neiterscher Mühl, und Manderscheid das Hauß Schöneberg bekommen, cum omnibus pertinentlis. (mit allem Zubehör)“

Nachdem das Haus Schöneberg öfter als Aufenthaltsort für Gräfin Louise Juliane gedient hatte, zerfiel das Schloß schnell. Nachricht darüber gibt uns das ,,Inventarlum des herrschaftlichen Hauses Schöneberg“ aus dem Jahre 1685, welches leider stark beschädigt ist. Demnach besaß das Schloß wohl zwei große Gemächer und 14 kleinere Kammern, ein Obergeschoß, einen Keller und war wahrscheinlich baulich mit der Kapelle verbunden, da die Kammer den Beinamen ,,Kirchstüblein“ trägt. Das Haus war anscheinend geplündert worden und befand sich in einem schrecklichen Zustand. Das Inventar bestand aus Fenstern, aus wenigen Hockern und Stühlen und aus Schränken, welche bis auf einen unbrauchbar waren. Als Beispiel nun ein kurzes Zitat: ,,Cammer lii: Vier Fenster mit Flügeln und 2 Windeisen, ein Schrank mit Banden und Angelhacken und einem fehlerhaften Schloß mit dazugehörigem Schlüssel.“ In dem ganzen Inventar wird nur eine Zimmertür und nur eine Schranktür erwähnt.

1718/19 wurden dann Kostenvoranschläge für eine Renovierung des Schlosses angefertigt, die 1727/28 ausgeführt wurde. Die kostspielige Renovierung war wohl mehr ein Neubau, da

1. mehrmals der Ausdruck ,,neues Haus“ gebraucht wird,

2. umfangreiche Zimmer- und Maurerarbeiten auch eher auf einen Neubau schließen lassen.

1728 wurde wohl noch zusätzlich ein Gartenhaus aus Brettern errichtet und im Keller ein Brunnen gebohrt, obwohl das Haus durch eine Wasserleitung aus dem ,,Heetz“ südlich des Dorfes mit Wasser versorgt wurde.

Uber die Zerstörung des Schlosses herrscht in der Literatur bis auf eine vage Bestimmung von Martin Sinemus, das Schloß sei ,,in den Kriegen nach 1719 zerstört worden“, Stillschweigen. In den meisten Büchern taucht der Name des Schlosses lediglich im Zusammenhang mit den Erbstreitigkeiten aus dem Jahre 1742 auf. Da die Autoren zum Teil fehlerhaft voneinander abschrieben, zitiere ich die älteste Darstellung aus dem Jahre 1749:,,Eben diesen 19. Jan. (1742) ruckte ein Commando von 700. Mann Pfälzischer Soldaten, in die Grafschaft Sayn, Hachenburgischen Antheus, unter dem Vorwand, die Reichs-Kleinodien zu begleiten, ein; versicherte sich aber bald hernach derer Beamten, Schuitheissen und Vorstehere, worauf demselben eine Chur-Fürstliche Commission, nebst denen Grafen von Wittgenstein, nachfolgete, welche sich in dem Schloß zu Schöneberg niedergesetzet

In einem Brief an das Chur-Fürstliche Collegium in Frankfurt von Wilhelm Ludwig von Kirchberg, den er am 27. Januar schrieb, heißt es:,, Die offenbare hierunter gebrauchte Gewalt setzet mein Burggräfl. Kirchbergisches Haus, nach einem achzigjährigen Besitz, in den äussersten Nothstand Damit ist die bisher offene Frage nach der Zerstörung des Schlosses Schöneberg wohl hinreichend beantwortet.

Den reformierten Invasoren schlossen sich viele reformierte Bewohner an, so dass der lutherische Herrscher am 29. März 1742 (nach der Vertreibung der Eindringlinge) folgendes bekanntgab:

,Georg Friedrich, Burggraf von Kirchberg (Vater des Wilhelm Ludwig) (…) gibt den zum Teil entwichenen Untertanen der Kirchspiele Schöneberg, Flammersfeld und Bimbach, (…) eine dreitägige Frist, binnen deren sie zum Gehorsam gegen ihn, ihrem Landesherrn, zurückzukehren haben. 1753 wurden Kostenvoranschläge für den Wiederaufbau des Schlosses gemacht, was den Grafen zu Sayn-Hachenburg wohl zu teuer schien. obwohl die Gartenmauern und die Nebengebäude, nicht aber das Haus selbst, sich in sehr schlechtem Zustand befanden.

Nun zu den drei bereits erwähnten Fundstücken, die sich im Familienbesitz befinden:

1. Ein Glasbecher, der aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts stammt.

2. Ein eiserner Dreifuß, der in das 17. oder 18. Jahrhundert datiert wurde.

3. Ein Steinfragment, welches wohl Teil eines Treppengeländers war.

Die Datierungen fallen alle in die Zeit des Hauses. Auch das Steinfragment muß man wohl dem Schloß zuordnen, da es keine anderen Bauten in Schöneberg gab, wo solche Steine hätten verwendet können und weil das Material (Basaltlava) nicht in der Umgebung von Schöneberg vorkommt.

Um den Ersten Weltkrieg tauchten in Schöneberg zwei Identische Weinkannen aus Zinn (sogenannte „Kölner Kannen“, Ende 17./Anfang 18. Jahrhundert) auf, die wohl auch aus dem Schloß stammen. Eine dieser Kannen befindet sich in Altenkirchener Privatbesitz.

VI. Die wiedischen Ansprüche an Schöneberg

Seit dem Besitzwechsel der drei Kirchspiele Höchstenbach, Almersbach und Schöneberg 1489 gab es immer wieder Unstimmigkeiten zwischen den Grafen zu Wied und den Grafen zu Sayn.

Ein Streitpunkt waren die Abgaben, die die Kirchspiele an den Gerichtsbeamten der Hohen Feste Puderbach, den Walpoden, zahlen mußten, da die Kirchspielsgerichte diesem Gericht unterstellt waren. Die Walpoden der Hohen Feste Puderbach waren die Herren von Reichenstein, welche 1511 ausstarben. Da Reichenstein wiedisches Lehen war, zogen es die Grafen zu Wied gegen den Einspruch der Grafen zu Sayn, die auch Ansprüche auf Reichenstein geltend machten, ein.

Nach 1550 wurden alle Abgaben, die von der Gerichtshoheit der Herren von Reichenstein herrührten, verweigert. Der wiedische Kellner Schlaf zu Dierdorf notierte um 1550: ,,Zinsen in der Graveschaft Seyn, so meynem g. Herrn von Wiedt furenthalten werden vom Hauss Reichenstein herruren“. Diese Abgaben (Gefälle) waren die Walpodengefälle, der dritte Pfennig von den Wetten 33) und ein fetter Hammel oder ein fl. 24) von jedem Kirchspielsschultheiß (wohl jährlich).

Die beiden Herrschaftshäuser hatten auch unterschiedliche Vorstellungen über die Ausdehnung des Gerichtsbezirks Schöneberg. Der wiedische Hof Hobbach lag schon 1621 im wiedischen Gerichtsbezirk Niederwambach, obwohl die Grafen von Sayn die Gerichtsbarkeit über Hobbach beanspruchten, da er zum Kirchspiel Schöneberg gehörte. Die Grafen zu Wied erhoben anscheinend auch Ansprüche auf Niederähren, welches 1593 zum Gerichtsbezirk Niederwambach gezählt wurde. 1766 vereinbarte man im Steimeler Vertrag, daß der Hof Hobbach dem Gericht Niederwambach untersteht.

Ein weiterer Streitpunkt war die Auslegung des Ehevertrages von 1489. Die Grafen zu Wied sahen die Obertragung der drei Kirchspiele nur als eine Verpfändung an und dachten wiederholt an die Einlösung. Dieser Gedanke wurde 1670 laut, und 1682 schickte man einen Notar in die Kirchspiele, um die Zahl der Feuerstellen feststellen zu lassen. 1695 schrieb man wegen der Einlösung an Salentin Ernst, Graf von Sayn-Hachenburg, welcher dieses Ansinnen jedoch ablehnte. Man vereinbarte lediglich, daß die Untertanen der drei Kirchspiele (. . .] auf dem (wiedischen) Steimeler Markt keinen Abtriebszoll von nicht verkauftem Vieh zu zahlen brauchten.“

1785 wurde der Versuch unternommen, durch Erbansprüche verschiedener Gräfinnen von Wied die Kirchspiele zurückzuerhalten. Nach Verhandlungen wurden die Grafen zu Wied mit verschiedenen Dörfern des Bannes Maxsein und mit verschiedenen Zehnten abgefunden, welche nach dem Aussterben der Burggrafen von Kirchberg an Wied fallen sollten. Außerdem erhielten die Grafen von Wied vom Hause Nassau-Weilburg 300.000 Gulden Entschädigung.

VII. Der Verwaltungssitz Schöneberg

A) Das Amt Schöneberg

Nach der Teilung der Grafschaft Sayn gehörte Schöneberg nicht mehr zum Amt Altenkirchen, sondern zum Amt Hachenburg. Die Verwaltung von Hachenburg aus wurde wahrscheinlich durch die große Entfernung und dadurch erschwert, daß Schöneberg Teil einer Exklave im Gebiet von Sayn-Altenkirchen war. Das wird wohl der Grund dafür gewesen sein, daß Schöneberg ein selbständiges Amt wurde. Die erste Erwähnung ist mit April 1723 datiert, wo ausgeführt wird daß das Amt Schöneberg erste Instanz auch für die Kirchspiele Hamm, Höchstenbach und Altstadt sei. Die Amter waren nicht nur Verwaltungs-, sondern auch Justizorgane. In diesem Schriftstück taucht bereits Johann Daniel Birckholtz auf, welcher am 1. 7. 1724 zum Amtsverweser der Kirchspiele Hamm, Flarnmersfeld, Birnbach und Schöneberg ernannt wird. Nach dem Tode von Birckholtz wurde die Verwaltung des Amtes am 2.9.1746 dem Rat von Flurer in Hachenburg übertragen, welcher am 6.3.1750 aus den verschiedenen Amtern und dem Stadtschultheißenamt Hachenburg ein Amtskollegium bildete, welches erst 1809 aufgelöst wurde. 1754 war der Beamte des Amtes Schöneberg Carl Rent. In den Jahren 1798-1807 war ein Herr Hahn Amtsverwalter des Amtes Schöneberg und 1807 zugleich Schulz der Kirchspiele Bimbach und Schöneberg. Laut einer Ankündigung im Herzoglich Nassauischen Allgemeinen Intelligenzblatt vom 7.11.1814 sollten am 12.12. die ,,herrschaftlichen Amtsgebäude zu Schöneberg“ mit den dazugehörigen Grundstücken ,,auf dem Abbruch“ an den Meistbietenden versteigert werden. 1815 wurde das Amt Schöneberg formell mit dem vergrößerten Amt Altenkirchen vereinigt und gehörte nach dem 31. März 1815 zu Preußen.

B) Das Gericht zu Schöneberg

Wie fast jedes Kirchspiel hatte auch Schöneberg sein eigenes Gericht, welches älter ist als die erste erhaltene Urkunde aus dem Jahre 1507. Dieses Gericht wurde wohl von den Grafen zu Wied errichtet, um die Gerichtsbarkeit der bergischen Grundherren auszuschalten. Vor dem Jahre 1489 war das Gericht Schöneberg der Hohen Feste Puderbach untergeordnet, auch danach bestanden noch Beziehungen zu dieser Hohen Feste. Das Gericht war nach der saynischen Gerichtsordnung von 1465 auf bürgerliche und freiwillige Gerichtsbarkeit beschränkt. Zum Gerichtsbezirk gehörten die Orte bzw. Höfe Berzhausen, Bettgenhausen, Hobbach, Kahlhardt, Kindessen, Luytzenhausen, Mangeroth, Neiterschen, Niederähren, Obernau (links der Wied), Seifen, Selzenthal sowie fünf kurkölnische Höfe.

Der Gerichtsbeamte war der Schultheiß, von denen mir folgende bekannt sind. (Dahinter stehen die Jahre der Erwähnung).

Gerhard Hahn 1685

Nikolaus Zimmermann 1714,1718, 1719

Johann Dunner 1490

Conradt Kaff 1597

Georg Hermann Hachenberg 1725-1752 (von 1718-1752 war er Richer des Kirchspiels Flammersfeld)

Anton Meier 1756

Als Unterschultheiß (Büttel) ist 1682 Jannes Schneider bezeugt.

Im 18. Jahrhundert ging es mit diesen kleinen Gerichten bergab, sie wurden bedeutungslos und irgendwann aufgelöst.

C) Die Oberförsterei Schöneberg

Laut den Kostenvoranschlägen von 1753 befand sich in Schöneberg ein Haus, in dem die Oberförsterei untergebracht war und welches zu den graflichen Gebäuden gerechnet wurde. Weitere Quellen sind mir leider nicht bekannt.

VIII. DER BERGBAU IN SCHÖNEBERG

Neben der Land- und Forstwirtschaft war der Bergbau in Schöneberg wahrscheinlich über Jahrhunderte hinweg ein wichtiger Erwerbszweig. Der Bergbau hat in meinem Heimatort eine längere Tradition, als bisher angenommen wurde. Man muß davon ausgehen, daß schon seit dem 16. Jahrhundert in Schöneberg Bergbau betrieben wurde und daß man das geschürfte Erz direkt weiterverarbeitet hat.

Südlich von Schöneberg befindet sich am nördlichen Rand eines Plateaus, welches den Namen „Auf dem Hännen“ trägt, eine Platte aus Eisenschlacke. Diese Platte hat einen Durchmesser von etwa 1,5 Meter und verläuft dann nach allen Seiten. Leider ist bei den zugewachsenen Teilen die Verwitterung schon stark fortgeschritten. Diese Platte ist der einzige Überrest eines Eisenschmelzofens, der dort einen günstigen Standort besaß. Die Nordwinde konnten ihn ungehindert erreichen und so den Schmelzvorgang vorantreiben. Die Abstichöffnung für das Eisen befand sich in südlicher Richtung, dort fand ich einige Schlackenstücke, die teilweise mit Eisen überzogen sind.

Neben diesem Hinweis auf die Eisenverhüttung fand ich in den Akten des Bergamtes Koblenz die Bestätigung, daß in Schöneberg, auch bereits vor der Gründung der späterer erwähnten Gruben, Erz geschürft wurde. Im Mutschein der Grube ,,Emma“ vom 19. Mai 1847 heißt es, daß Theodor Emil Müller auf einen in der Gemarkung Schöneberg befindlichen‘ ,,bereits früher bebauten Eisensteingang“ Mutung eingelegt hat. Die von mir vorgenommene Datierung kann ich durch Zitate belegen:

Die Nachrichten über Kupfer- und Eisensteinbergbau gehen im Raum Altenkirchen ….. selten weiter als das Jahr 1500 zurück. Der (im 16. Jahrhundert) gewonnene Eisenstein (. ) wurde (. . .) geschmolzen, doch sind keine weiteren Spuren als Schlackehaufen und kleine Eisenkuchen (. . .) übriggeblieben.

Seine Blüte erlebte der hiesige Bergbau wohl im 19. uns Anfang des 20. Jahrhunderts.

,,Nachdem der Wilhelm Pörtgen von Schöneberg, Namens und im Auftrag des Theodor Emil Müller zu Schöneberg den (…> Antimonerze, Eisenstein, Blei und Kupfererze führenden Gang unter dem Namen ,,Gute Aussicht“ in der sogenannten Dornheck in Schöneberg (…) am 1. December 1846 vorschriftsmäßig gemuthet hat, (…) so wird dem Theodor Emil Müller aus Schöneberg die nachgesuchte Verleihung unbeschadet erteilt und damit in den bergrechtlichen Besitz eingesetzt (. . Berlin, d. 28. August 1847″)

In dem namentlichen Verzeichnis der 14 Gewerkschaftsmitglieder der Grube ,,Gute Aussicht“ vom 6.6.1847 ist mein Ururgroßvater Gustav Schindler und seine Schwägerin Johanette Weidenbach mit je einem der 32 Stämmen aufgeführt. Theodor Emil Müller besaß mit 12 Stämmen den größten Anteil. Er legte am 11.5.1847 Mutung für die Grube ,,Emma“ im Harzberg ein. Dem Antrag wurde am 8.7. 1848 entsprochen. Laut der Verleihungsurkunde durften auf der „Emma“ Eisen- und Kupfererze abgebaut werden. Die beiden Gruben wurden konsolidiert und gemeinsam verwaltet. In den ersten Jahren mußte man mit großen Schwierigkeiten kämpfen. Laut den Bestimmungen mußte ein Jahr nach der Verleihung der Bergbau in Gang gekommen sein. Diese sogenannte Fristung versuchte Pfarrer Müller Jahr für Jahr durch Bittschreiben an das königlich Preußische Bergamt mit Erfolg zu verlängern. Zur Begründung heißt es in dem Schreiben vom März 1854 (….) Es fehlt uns jetzt gänzlich an Absatz für die gewonnenen Erze, die Betriebskosten aber alle vorzulegen. fällt und schwer (…), Am 9.Januar 1858 wurde als technischer Grubenbeamter für die „Eisen- und Bleibergwerke Emma und Gute Aussicht“ der 53-jährige Philliph Schmidt angestellt. Trotzdem verschlechtert sich die Situation der Grube „Gute Aussicht“ so sehr, daß der Königl. Berggeschworene aus Hamm am 28. Mai 1858 dem Königlich Preußischen Bergamt berichten mußte: „(….) Die Grube („Gute Aussicht“) welche nach den Akten seit dem Jahre 1848 außer Betrieb gestanden hat, ist gegenwärtig nicht mehr in fahrbaren Zustande (…),,. Angesichts dieser Lage und der jahrlichen Schreiben mit der Bitte um die Verlängerung der Fristung sah sich das Koniglich Preußische Bergamt veranlaßt. folgendes anzuordnen: ,,Die Grube „Gute Aussicht“ bei Schöneberg im Bergrevier Hamm ist auf eine unbestimmte Zeit vorbehaltlich einer dreimonatigen Kündigung gefristet (…),,. Auch 1865 schien die Krise noch nicht überwunden zü sein, zwar wird am 1.Januar dieses Jahres Paul Toebel als Steiger der beiden Gruben angestellt, jedoch am 31. März als Förderungsaufseher nur für die Grube ,,Emma“ vereidigt. 1881 war die Krise wohl endgültig überwunden. da der Obersteiger Lorenz Wallraff als Produktenaufseher beider Gruben vereidigt wurde. Etwa um die Jahrhundertwende wurden in der Nähe der Grube „Gute Aussicht“ drei weitere Gruben angelegt, die sich alllerdings zum Teil in der Gemarkung Neiterschen befanden. Diese drei Gruben waren:

a) das ,,Bleibergwerk Ausdauer bei Neiterschen und Schöneberg“, welches 1901 zuerst erwähnt wird,

b) das „Eisenbergwerk Anschluß bei Neiterschen und Schöneberg“‚

c) das „Eisenbergwerk Neuwiesenthal bei Neiterschen und Schöneberg“.

Leider sind die Betriebsakten aller Schöneberger Gruben nicht mehr vorhanden.

Nur über die letzten vier Jahre liegen Betriebsdaten der Schöneberger Gruben vor:

1906 5446 Tonnen Eisenerz gefördert 86 Arbeiter

1907 4944 Tonnen Eisenerz gefördert 73 Arbeiter

1908 4497 Tonnen Eisenerz gefördert 45 Arbeiter

1909 0 Tonnen Eisenerz gefördert 5 Arbeiter

Am 30. 4. 1909 wurde der Bergwerksbetrieb eingestellt. Die sich immer weiter verschlechternde Lage der Gruben kann man aus den Jahren 1907-1909 ersehen. Jahresbericht 1907: ….. .) Es mußten vielmehr, der in bedenklichem Umfangs auftretenden Wasserflüsse wegen, die vorhandenen Baue dieses Ganges („Gute Aussicht“) völlig abgedammt werden.

Auch der Querschlag der Felder Neuwiesenthal, Ausdauer und Anschluß mußten aus dem nämlichen Grunde eingestellt werden. Jahresbericht 1908: ,,(…) Als Gute Aussicht ganz bei einer Teufe von weiteren 100 m untersucht werden sollte, mußte es ebenfalls bald eingestellt werden, da die beiden vorhandenen maschinellen Einrichtungen die Bewältigung der zusitzenden Wasser zu viel Kosten und Schwierigkeiten verursacht. Die Grube muß demnächst völlig zum Erliegen kommen. (…) Die zu einem solchen Unternehmen notwendigen, nicht unbedeutenden Geldmittel werden aber bei den jetzigen Besitzverhältnissen und der derzeitigen ungünstigen Lage wohl nicht aufgebracht werden können.“

Man färbte – leider ohne Erfolg – das Wasser des Mühlengrabens, welcher nahe am Grubengelände vorbeilief, um die Herkunft des Wassers zu klären.

Jahresbericht 1909: ,,Am 30. April wurde der gesamte Grubenbetrieb eingestellt. Mitbestimmung dafür waren die schlechten Eisensteinpreise und vor allem die große Schwierigkeit, den aus den anstehenden, aber minderwertigen Mitteln gewonnene Eisenstein abzusetzen.“

Wie wurde nun das Erz zur Heinrichshütte nach Hamm bzw. Au/Sieg befördert? Zuerst wurde es auf Pferdefuhrwerken durch eine Furt bei Schöneberg gefahren. Als 1884 die Eisenbahn fertiggestellt wurde, baute die Grubenverwaltung eine Brücke über die Wied, um das Erz zum Bahnhof Neitersen zu bringen. Im Jahre 1900 wurde aus diesem Grunde sogar eine Kleinbahn und eine hölzerne Rampe am Fußende am Bahnhof errichtet. Eine Auflage der Gemeindeverwaltung für die Genehmigung des Baues der Kleinbahn verbot die Benutzung von ,,Lokomobilen“.

Nun noch ein paar geologische Angaben:

Die Grube Emma „baute an einer ca. 500 m langen Gangspalte von 1 – 5 m Mächtigkeit, die neben Braun- und Spateisenstein auch eingesprengte Blei-, Zink- und Kupfererze enthielt. Der Spateisenstein der Grube hatte einen hohen Mangangehalt (46,4% FeG und 10,5% MnO)“

Anfangs der zwanziger Jahre wurde noch eine Probeschürfung im „Maiwald“ ohne großen Erfolg gemacht. Laut Augenzeugen wurde ein etwa 15 Meter tiefer Schaft gegraben. Die Schürfung dauerte mehrere Monate.

Während die Bergwerksrechte an den fünf Gruben 1964 an die Gewerkschaft „Eisenstein“ in Betzdorf/Sieg übergingen, wurde das Grubengelände mit den Halden von der Firma Georg in Neitersen aufgekauft und eingeebnet. Nur noch die ehemaligen Luftlöcher und Schürfstellen im Wald erinnern an den doch recht alten Bergbau in Schöneberg.

IX. DIE JÜDISCHE BEVÖLKERUNG SCHÖNEBERGS

Die Geschichte der Juden in Schöneberg ist ein schwieriges Thema, da Quellen darüber selten sind. Bei der älteren Geschichte der jüdischen Bevölkerung Schönebergs muß ich mich im wesentlichen auf den Aufsatz „Deutsch-Jüdische Bürger unserer Heimat“ von Günter Heuzeroth verlassen, obwohl in dem Teil über Schöneberg Fehler enthalten sind. Leider ist sein Informant W. Gruen (Walter Grünebaum) 1977 in den USA verstorben, so daß ich nicht nachfragen konnte.

Es ergibt sich etwa folgendes Bild:

Vor dem Progrom von 1349 gab es in Schöneberg wohl noch keine Juden, doch vor dem Dreißigjährigen Krieg bestand schon eine größere jüdische Gemeinde. Die Zahl von einhundert Seelen oder gar Familien halte ich für übertrieben, da Schöneberg 1561 wie auch um 1600 nur elf Feuerstellen besaß. Diese Gemeinde soll sogar eine Synagoge besessen haben. 1728 wird ein Samuel Grün und 1733 ein Bineasjudel aus Schöneberg erwähnt. Da es, 1789 nur zwei jüdische Familien im Kirchspiel gab, ist die Existenz einer Synagoge sehr unwahrscheinlich. 1820 soll diese abgebrannt sein, weil sie durch einen Blitzstrahl entzündet wurde. Danach ging es anscheinend mit der jüdischen Gemeinde in Schöneberg bergab, was wohl durch den Brand von 1854 verstärkt wurde. In einem Kaufvertrag tritt 1856 ein Juda Sternen aus Schöneberg auf, und in einem Auszug aus dem Grundsteuerkataster von 1874 ist ein Jakob Lilienthal aufgeführt. 1858 und 1861 waren sechs und 1863 sieben Bewohner Schönebergs jüdischen Glaubens. Nach dem Synagogenbrand gehörten die Schöneberger Juden wohl zur Synagogengemeinde Altenkirchen, in deren Heberolle für den Zeitraum vom 1.4.1881 bis zum 1.4.1882 ein Nathan aus Schöneberg, welcher im Vergleich zu Juden auf anderen Dörfern die stattliche Summe von 12 Mark im Monat (?) einnahm, aufgeführt. 1895 gab es in Schöneberg 6 Juden. Einen Hinweis auf eine größere Anzahl gibt eine Straßenbezeichnung in Schöneberg. Die heutige Bergstraße heißt bei den alten Leuten immer noch die „Judengass“. Zur Zeit der heute noch lebenden Schöneberger hat jedoch kein Jude mehr dort gewohnt. Meine Großmutter wußte jedoch zu berichten, daß dort eine jüdische Familie namens Kaune lebte.

Für das 20. Jahrhundert kann man genauere Angaben über die jüdische Bevölkerung machen. 1925 gab es in Schöneberg sieben Einwohner jüdischen Glaubens. In den dreißiger Jahren lebte eine Familie Lilientahl in Schöneherg, und zwar folgende Personen:

Sigmund Lilienthal mit Frau Henriette, deren Sohn Jakob Lilienthal mit Frau und drei Kindern (zwei Söhne und eine Tochter) und seine Schwester Lina mit ihrem Mann Georg Landau. Während die Familien Sigmund Lilienthal und Georg Landau sich ins Ausland absetzten, blieb die Familie Jakob Lilienthal trotz Ausschreitungen in Schöneberg. In der ersten Maiwoche des Jahres 1939 wurde sie weggebracht. Im Nationalblatt vom 8. Mai 1939 heißt es dazu unter Flammersfeld:

,,Schöneberg ist judenfrei.“

Schöneberg. „In der vorigen Woche ist auch der letzte seiner Rasse aus unserem Ort abgewandert, und zwar vorläufig mal nach Köln, nachdem sein Besitztum in arische Hände übergegangen war. Schöneberg ist damit frei von Juden, und es wird niemanden gegeben haben, der Jud Lilienthal eine Träne nachgeweint hat.“

Ob sie wirklich nach Köln gegangen sind, bezweifle ich. Die von ihnen hinterlassene Adresse, Köln, Engelbertstraße 23, wohin auch der damalige Posthalter die Post schickte, war meiner Ansicht nach die Adresse eines Bekannten oder Verwandten. Leider sind die Meldeunterlagen der Stadt Köln über diesen Zeitraum im Krieg vernichtet worden. Wie man mir mitteilte, war das Haus Engelbertstraße 23 im Jahre 1938 im Besitz eines gewissen Moritz Rosenduft.

In dem Haus wohnten anscheinend nur jüdische Bürger. Die Bekannten oder Verwandten dort konnten die Post aber nicht lange in Empfang nehmen, nach wenigen Monaten kam die Post mit dem Vermerkt „Adressant unbekannt verzogen“ zurück.

Abschließend bleibt zu bemerken, daß das Verhältnis zwischen den Dorfbewohnern und den Juden anscheinend gut war. Man berichtet nur im positiven Sinne darüber, und es gab bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg sogar Briefkontakte. Eine Quelle für Konflikte war jedoch anscheinend die Metzgerei der Lilienthals, welche im Anfang der dreißiger Jahre „arische“ Konkurrenz bekam.

*****Aus den Jahrbüchern 1980 und 1981 des Kreisheimat-VereinsAltenkirchen / Westerwald entnommen.*****